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Ein Meilenstein in der judeochristlichen Geschichte des Menschen ist der Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen, von dem in der Genesis berichtet wird:

1 Und die Schlange war listiger als alles Getier des Feldes, das Jehova Gott gemacht hatte; und sie sprach zu dem Weibe: Hat Gott wirklich gesagt: Ihr sollt nicht essen von jedem Baume des Gartens?
2 Und das Weib sprach zu der Schlange: Von der Frucht der Bäume des Gartens essen wir;
3 aber von der Frucht des Baumes, der in der Mitte des Gartens ist, hat Gott gesagt, davon sollt ihr nicht essen und sie nicht anrühren, auf dass ihr nicht sterbet.
4 Und die Schlange sprach zu dem Weibe: Mit nichten werdet ihr sterben!
5 Sondern {Eig. denn} Gott weiß, dass, welches Tages ihr davon esset, eure Augen aufgetan werden und ihr sein werdet wie Gott, erkennend Gutes und Böses.
6 Und das Weib sah, dass der Baum gut zur Speise und dass er eine Lust für die Augen und dass der Baum begehrenswert wäre, um Einsicht zu geben; und sie nahm von seiner Frucht und aß, und sie gab auch ihrem Manne mit ihr, und er aß.
7 Da wurden ihrer beider Augen aufgetan, und sie erkannten, dass sie nackt waren; und sie hefteten Feigenblätter zusammen und machten sich Schürzen.
(1. Mose 3.1-7)

Dies seltsame Pflänzchen ist und war vielen klugen Köpfen doch einige Überlegungen wert.

Das Philippusevangelium (eine Schrift der Valentinianer, die 1945 bei Nag Hammadi gefunden wurde) beschreibt den Baum als das "Gesetz". Wie der Baum der Erkenntnis erhebe das Gesetz den Anspruch, die "Erkenntnis des Guten und des Bösen" verleihen zu können; moralische Verwandlung aber könne es nicht bewirken. Vielmehr habe der Baum "Tod für die (bewirkt), die ihn aßen. Als er nämlich sprach: 'Iss dieses und iss dieses nicht!', wurde er zum Anfang des Todes."
(aus "Satans Ursprung" von Elaine Pagels, Seite 239)

Im Klassiker "Paradise Lost" von John Milton (1667) wird auf höchst dramatische, poetische Weise der Engelssturz sowie der Sündenfall inszeniert. Im neunten Akt/Buch pirscht sich Satan, der in die Schlange gefahren war, an Eva. Die erste Frau wundert sich über die sprachbegabte Schlange und Satan erklärt deren menschenhafte Fähigkeit damit, dass er - die Schlange - vom Baum der Erkenntnis gegessen hätte und damit aus dem Tier-Status erhoben worden sei zu menschlicher Weisheit. So sollte nun auch die Menschenfrau zu höherem, nämlich göttlichem Status erhoben werden durch den Genuss der Frucht.

Und das sind Satans Argumente:

O heilige Pflanze, weisheitspendende,
des Wissens weise Mutter! Deine Kraft
verspür ich nun in mir, mit Deutlichkeit
nicht nur den Dingen auf den Grund zu sehen,
auch höchsten Wesen, noch so weis gehalten,
die Taten nachzudenken, Königin
von diesem Universum, glaube nicht
an jene starren Todesdrohungen.
Ihr sollt nicht sterben! Wie denn eigentlich?
Durch diese Frucht? Sie gibt euch Leben, Wissen.

Durch den, der drohte? Schau mich an, der ich
berührt und auch genossen, aber lebe,
und zwar vollkommener lebe, als das Los
mir zugedacht, seit ich mich höher wagte
als mein Schicksal. Soll das dem Menschen denn
verschlossen sein, was sich dem Tiere öffnet?

Oder wird wegen solcher Kleinigkeit
Gott seinen Zorn entfachen? Wird er nicht
vielmehr die tapfre Tugend preisen müssen,
die nicht erschrak vor dem erklärten Tod
(Was für ein Ding der Tod auch immer sei),
um zu erlangen, was zu größerem Glück
im Leben führen möchte, das Erkennen
des Guten und des Bösen? Wär's gerecht
wenn's um das Gute geht?
Wenn um das Böse,
falls das, was bös ist, wirklich ist, weshalb
soll's nicht erkannt sein
, dass man's leichter meide?

Gott kann nicht sowohl dich dafür bestrafen
und auch gerecht sein. Ist er nicht gerecht,
so ist er Gott nicht; nicht gefürchtet drum,
und nicht gehorcht: Es treibt die Todesfurcht
in dir die Gottesfurcht von selber aus
.

Warum war dieses eigentlich verboten?
Nun, um euch einzuschüchtern, um euch so
unwissend und erniedrigt zu erhalten
als seine Diener. Denn er weiß gar wohl,
dass euch am Tage, wo ihr davon esst,
die Augen, die so helle scheinen, doch
getrübt noch sind, vollauf geöffnet werden,
vollkommen hell, und werdet sein wie Gott,
und Gut und Böse unterscheiden können
wie er. Dass ihr wie Götter werden sollt,
da ich dem Menschen geistig gleich geworden,
ist nur geziemend: Ich aus Tier vermenschlicht;
aus Mensch vergöttlicht ihr. So ist das Sterben
denn wohl gemeint: Ihr legt den Menschen ab
und schlüpft in Göttliches, ersehnter Tod,
ob auch damit gedroht, der Schlimmeres nicht
als dieses bringen kann. Was sind die Götter,
dass nicht der Mensch auch werden kann wie sie,
an göttergleicher Speise mitgenießend?


Siehe auch:
Selbstvergöttlichung
Mehr zum Baum der Erkenntnis

Die Götter sind zuerst und beuten flugs
den Vorsprung aus
, indem sie glauben machen,
dass alles nur aus ihnen stammt. Ich zweifle,
ich sehe, dass die sonnenwarme Erde,
die gute, alle Arten produziert,
sie nichts. Doch wenn sie wahrlich alles schaffen,
wer schloss dann Kenntnis ein in diesen Baum,
des Guten und des Bösen, dergestalt,
dass, wer dran nascht, sogleich zur Weisheit kommt
ohne ihr Zugestehn? Worin besteht
nun das Verbrechen
, wenn der Mensch also
zum Wissen kommt? Wie kann dein Wissen ihn
beleidigen
, und wie kann dieser Baum
etwas gewähren gegen seinen Willen?

Ist es gar Neid? Ist denn in Götterbrust
und manche mehr, die diese schöne Frucht
dir, menschenhafte Göttin, anbefehlen:
So greife zu, und koste unverzagt!
(John Milton, das verlorene Paradies, neuntes Buch, Seite 274-276)




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