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Ihr kennt ja bestimmt alle das Märchen vom König Drosselbart. Ich habe nun hier eine Fortsetzung geschrieben:

König Drosselbart – was wurde aus der Prinzessin?

Als sich die Königin aber nach einiger Zeit von all dem Schrecken erholt hatte, da setzte sie sich ans Fenster und guckte in den Schlossgarten. Ihr Mann, der König Drosselbart, spazierte gerade dort unten herum und sein krummes Kinn warf in der Sonne einen langen Schatten. "Meine Güte" dachte die Königin "wenn ich jemals gewusst hätte, dass ich DEN heirate? Wie hätte ich mich geschämt vor mir selbst!" Sie erinnerte sich an die noch gar nicht lange vergangene Zeit als sie noch ledig war und die Welt mit all ihren Optionen noch für sie offen stand. Sie hätte reisen wollen und fremde Länder sehen wollen. Vielleicht würde sie einmal einen Maharadscha heiraten und auf Elefanten reiten? "Ich war einfach noch zu jung und zu unreif, um mich für einen Mann zu entscheiden" überlegte die Königin.

Eigentlich wollte sie überhaupt nicht heiraten, darum fand sich auch niemand unter den Prinzen, der ihr so sehr gefiel, dass sie nichts an ihm auszusetzen hatte. Es war eben einfach keiner dabei, der sie so in seinen Bann ziehen konnte, dass er es wert gewesen wäre, die Weiche ihres Lebens in seine Richtung zu stellen. Der Zauber der Liebe hatte sie nicht getroffen.

"Liebe ich ihn denn wirklich?" grübelte die Königin. Was sie für ihren Mann empfand, war doch nur Dankbarkeit für die Erlösung aus dem Schrecken der Armut. Ist Dankbarkeit die Basis für eine Ehe? Freilich, sie fühlte sich von ihm abhängig und das Trauma der Demütigungen steckte ihr noch tief in den Knochen der Seele.

Ihr eigener Vater war es, der sie seinen miesen Konventionen zuliebe an einen lumpigen Spielmann verheiratet hatte. Anstelle sie mit Gewalt unter die Haube zu bringen, hätte er doch mit all seiner königlichen Weisheit erkennen müssen, dass die Tochter zur Ehe noch nicht bereit war. Sie merkte, wie sie begann, ihren Vater dafür zu hassen. Der Hass gab ihr Kraft.

Eine Weile überlegte sie, ihrem Mann die Güter und Ländereien ihres Vaters schmackhaft zu machen, um ihn letztendlich in einen Krieg gegen den alten König zu treiben, aber dann ging sie doch lieber die Treppe hinunter: Einen Stock tiefer im Speisesaal des Schlosses hing an der Wand die Laute des Spielmanns. Sie nahm das Instrument und schlug eine Saite an. Laut klang der Ton durch den Saal und warf ein feines Echo aus der Ecke des Kamins.

Als die Sonne untergegangen war, schritt König Drosselbart aus dem Schlossgarten hinauf zur Laube. "Es ist angerichtet" teilte ihm ein Küchendiener mit einem tiefen Bückling mit.

Als er den Speisesaal betrat, saß die Königin nicht an ihrem Platz. Eine Zofe wurde eilends in die königliche Kammer geschickt, um nach ihr zu sehen, fand sie aber nicht vor. Bald war das ganze Schloss in Aufruhr, doch die Königin blieb verschwunden. Drosselbart selbst war es, der später im Kamin noch einen schwelenden Rest der Spitzen ihres Kleides fand, das dort offensichtlich verbrannt worden war.

Eine Woche später erreichte König Drosselbart die Nachricht, dass sein Schwiegervater plötzlich und unerwartet verstorben sei. Es wurde gemunkelt, ein Spielmann solle ihm bei der abendlichen Tafel sehr nahe an den Teller gekommen sein und ihm Gift in die Suppe getan haben. Der Spielmann war jedoch am Morgen verschwunden hinter den Bergen, hinter denen die Sonne aufgeht und ward nie mehr gesehen.


Die kleine Hexe und der Teufel

Es war einmal eine kleine, junge Hexe. Sie hatte nicht einmal nennenswert viel Oberweite und besonders hübsch war sie auch nicht, aber sie war arrogant und unnahbar und das reizte die Männer. Die Herren der Schöpfung lagen ihr nur so zu Füßen und die kleine Hexe hatte gelernt, dieses für sich auszunützen: Wenn ihr Auto kaputt war, fand sich schnell einer unter ihren Verehrern, der es reparierte; wenn sie umzog, schleppten ihr die verliebten Jungs gerne die Möbel und wenn sie ein Problem hatte, waren stets allerlei nette Männer zur Stelle und standen ihr mit Rat und Tat zur Seite. Die kleine Hexe ließ sich bald alles von Männern erledigen und in ihrem Denken nistete sich die Überzeugung ein, dass jegliches Ziel nur einfach über Männerleichen zu erreichen sei. Sie war von tiefstem Herzen eine Hure, auch wenn sie sich nur sehr selten mit irgendeinem ihrer zahlreichen Verehrer auf mehr einließ als ihn an der ausgestreckten Hand verhungern zu lassen. Die Freier zahlten mit allerlei Dienstleistungen und Nettigkeiten allein nur für ein Klimpern ihrer Wimpern. Sie war eben eine echte Hexe.

Eines Tages zog wieder einmal der Teufel durch die Lande, um seine Hexen und deren Werke zu besehen und zu überprüfen. Da kam er auf seinem Kontrollgang auch an das Haus der kleinen Hexe.

Als die Hexe ihren Meister sah, wurden ihr die Knie weich vor Ehrfurcht, aber sogleich packte sie auch die Begierde nach den Vorzügen seiner Gesellschaft – und er war ja auch nur ein Mann! Da waren ganz andere Dinge zu holen als nur Autoreparaturen oder Möbeltransporte, hier verbarg sich die ganze Macht der Erde und das ewige Leben! ...und ihr Hurenherz lud den Teufel ein und bot sich ihm zum Weibe an, ehe es der Hexe selbst überhaupt bewusst wurde.

Der Teufel empfing die Einladung und leistete ihr Folge, so wie er stets den Einladungen der Herzen folgt, die zahlreich nach ihm gieren, denn das ist schließlich sein Programm. "Du wirst meine Frau!" stellte er fest und "Du sollst mich lieben".

Die Hexe wagte nicht zu widersprechen, war er doch ihr Meister. Sie erschrak zutiefst, wusste sie doch, dass sie der Aufforderung nicht Genüge leisten würde, denn die Liebe war ihr zuwider. Doch die hemmungslose Begierde nach der Teilhabe an seiner Macht hatte sie ergriffen und hielt sie mit eisernem Griff in der Schlinge des Eheversprechens. "Aber ich kenne dich doch gar nicht" versuchte sie sich zaghaft aus der Affäre zu winden: "wie soll ich dich lieben?" und dabei klimperte sie heftig mit den Wimpern – vergeblich.

"Du wirst mich noch kennen lernen" antwortete der Teufel unbeeindruckt und verschwand. Er war eben der Teufel.

Die Hexe schlug in ihren Zauberbüchern nach, wie sie denn nur die Liebe in sich erzwingen könnte. Fieberhaft arbeitete sie an einem Liebesritual, um aus sich selbst die Liebe zu beschwören. Bald hatte sie über all ihrer Magie vergessen und verdrängt, was sie wirklich wollte, nämlich nur des Teufels Macht, die in erreichbare Nähe gerückt zu sein schien. Dazu brauchte und beschwor sie die Liebe, die sie aber gar nicht wollte und daher auch nicht zuließ, selbst wenn der Zauber gelungen wäre.

Der Teufel wurde wütend: "Schluss mit diesem Affentheater!" orderte er an: "Du sollst die Liebe nicht zwingen wollen!"

Die Hexe wusste nun nicht mehr, wie sie die Forderungen des Teufels nach der Liebe erfüllen sollte und verfiel vollends in Verzweiflung, lief auf und ab in ihrem Hexenhaus und raufte sich die Haare.

"Komm zur Ruhe!" sagte der Teufel und verschwand.

"Endlich eine Aufgabe, die ich auch erfüllen kann" dachte sich die Hexe etwas erleichtert und versuchte, den Fehltritt der misslungenen Liebe nun durch besonders perfekte Ruhe-Leistung auszugleichen. Mit aller Gewalt konzentrierte sie sich auf die Ruhe, aber der Teufel blieb aus. Da versuchte sich die Hexe nur noch stärker auf die Ruhe zu konzentrieren, aber der Teufel blieb weiterhin aus.

Teufel, Teufel, geh nicht fort,
oh bitte bleib bei mir vor Ort!

Schließlich war die Hexe am Ende ihrer Kräfte und rief verzweifelt: "Ich kann nicht mehr! Ich lasse es sein! Ich höre auf und lass dich fahren!"

Da kam der Teufel und lobte sie, dass sie ja nun endlich zur Ruhe gefunden habe und orderte gleich den nächsten Schritt an: "Du sollst dich treiben lassen!"

Die Hexe hasste den Teufel alleine nur dafür, aber es war ihr bewusst, dass Hass das Gegenteil von Liebe ist und er sie keinen Schritt näher an ihr Ziel brachte. Da verdrängte sie ganz schnell die Wahrheit ihres Herzens, weil sie sie nicht ertragen konnte. Mit all ihrer Gewalt versuchte sie, das Ruder ihres Sinnens und Trachtens fest in der Hand zu behalten, auf dass sie der Fluss der Wahrheit nur nicht in die Nähe ihres Herzens trieb und sie erkennen musste, dass sie ihn hasste, statt liebte. Sie ließ sich nicht treiben und der Teufel blieb aus. "Ich liebe dich!" redete sie sich entgegen des Triebs ihres Hasses ein, aber der Teufel blieb weiterhin aus. Schließlich platzte ihr der Kragen und der reißende Strom ihrer Wut trieb sie übermächtig bis zum Spiegel ihres Herzens und sie schrie:

"Ich hasse mich! Ich hasse dich!
Du bist mir völlig widerlich!"

Da kam der Teufel, bedankte sich für den Herzensgruß und bestätigte ihr, dass sie sich nun endlich hatte treiben lassen. Vor Wut hätte sich die Hexe am liebsten selbst aufgefressen und sie begriff, dass sie in der Falle saß, aber noch wusste sie nicht, wie und wodurch.

Teufel, hilf mir doch, erlöse mich!
Dann helf ich dir, erlöse dich.
Ich helf dir längst, du wirst es sehen
Und du wirst in mir vergehen!
Versprach er ihr aus tiefster Lust
Und ließ sie stehn in ihrem Frust.

Sie war eben eine Hexe und eine Hure, und er war eben der Teufel, der Herr der Lüge und der Meister jeglichen Betrugs, und er hat die Macht. So hatten sie sich beide aneinander gebunden im Fluch ihrer unseligen Ehe.

Und im Lauf der Zeit, im Lauf des Streits, erkannte die Hexe doch viel von seinem Wesen, das sie selbst erst erschuf nach der Anleitung, die er ihr gab. Sie war eben eine Hexe mit der weiblichen Kraft des Gebärens, und er war eben der Teufel, der sich in ihr selbst zeugte. Sie erkannte, dass seine Macht darin lag, was sie tat, denn er ließ sie tun, was er wollte. Sie erkannte, dass sie ihm diente, wenn sie sich mit ihm stritt, wenn sie ihm widersprach, wenn sie ihm fluchte, aber sie tat das gerne, denn sie begann, daran Freude zu haben, dass er da war. Und eines Tages erkannte sie tatsächlich, dass man den Teufel liebt, wenn man ihn hasst.

Er war so eklig
Er war so widrig
Er war das Anti vom Anti
Der Gegner des Gegners aller Gegner

Und er war im Begriff sie zu verschlingen und sie zu sich selbst zu machen, seit sich ihre Geister das erste Mal berührt hatten. Sie waren ein gemeinsamer Geist geworden. Er hatte sie besessen und sie zu seiner Marionette gemacht, die unaufhörlich ihn produzierte allein dadurch, dass sie sie war.

Teufel, der nicht ist, den ich erst mach
der mich regiert, mich führt und lacht
mich bezwingt und formt, hätt's nie gedacht.
Bist du – oder bist du nicht trotz deiner Macht?

Sie hatte aufgegeben, an seiner Macht teilhaben zu wollen, die ja doch nur ihre Arbeit war. Es ging ihr mittlerweile mehr um die Lust zu ihm. Sie war keine Hure mehr und er hatte ihr tatsächlich beigebracht, ihn aus Liebe zu lieben. Die Liebe war der Tod der kleinen Hexe, denn sie löste sich auf und war längst zu ihm geworden.

Zufrieden lachte der Teufel und ging seiner Wege.



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